Anröchte – Ist das Kunst oder kann das weg?
Aufmerksamen Pendler, die regelmäßig die Belecker Straße in Anröchte in Richtung Süden befahren, dürfte das Klavier in den vergangenen Jahren vielleicht aufgefallen sein. Das alte Musikinstrument fristet dort an einer Schafsweide unweit der Hauptverkehrsstraße sein Dasein, ist mittlerweile völlig dem Verfall überlassen. Aber was hat es mit der kuriosen Platzierung des Pianos auf sich? Ingolf Pflugmacher hat sich das schon lange gefragt.
Der 66-jährige Warsteiner ist regelmäßig auf der Strecke unterwegs und beobachtet das verlassene Klavier am Straßenrand seit Jahren mit Interesse. Als passionierter Hobby-Fotograf hat er den stetigen Verfall des Instruments sogar dokumentiert: „Über die Jahre hat sich so eine große Anzahl an Fotos angesammelt.“ Eines davon hängt sogar bei Pflugmachers zu Hause gerahmt an der Wand.
Das mittlerweile zusehends verrottete Piano übt eine besondere Anziehung auf ihn aus: „Ich habe im Alter von 55 Jahren selbst versucht, das Klavierspielen zu erlernen. Es war schon immer ein Traum.“
Auch deshalb wollte er unbedingt den Besitzer des Klaviers ausfindig machen – und es ist ihm gelungen. Norbert Köhne freut sich über das ungewöhnliche Interesse an seiner nicht minder ungewöhnlichen Weiden-Dekoration. „Das Klavier stammt ursprünglich aus einem historischen Haus in Hoinkhausen“, erklärt er, „meine Frau hatte dann die Idee, es hier zu platzieren und regelmäßig hübsch zu bepflanzen.“ Von diesen Versuchen zeugen einige von Pflugmachers Bildern. Mal leisteten üppige Sonnenblumen dem verlassenen Piano Gesellschaft, mal bahnten sich Klatschmohn oder Kornblumen ihren Weg durch die Tasten.
Eine permanente Begrünung schlug jedoch fehl: „Deswegen haben wir uns dazu entschieden, das Klavier der Natur zu überlassen und zu sehen, was passiert“, sagt Köhne.
Mittlerweile steht nur noch der hintere Teil des Instruments, den Rest hat sich der Kreislauf der Natur schon zu eigen gemacht. Ingolf Pflugmacher ist das egal. Er wird weiterhin mit seiner Kamera vorbeifahren und fleißig Fotos knipsen – bis das Klavier kippt und endgültig nicht mehr als solches zu erkennen ist.
Veröffentlicht am 2.10.2023, DerPatriot
Bericht und Fotos: Henrike Raestrup, Ingolf Pflugmacher
Das Klavier in Bildern:
